Montag, 24. Dezember 2012

engel dort oben



engel dort oben

engel dort oben
was hast du zu tun
kommst du auch mal dazu
dich auszuruh´n?

ausruhn, das ist schon lange vorbei,
wir komm´mit der arbeit kaum nach
ich schwitz´schon von der plackerei
und mein chef sagt immer nur, mach!

engel dort oben
so ganz ohne ruh´n
ich will dich mal loben
für dein rastloses tun

früher haben wir gestiftet die liebe
uns an den folgenden küssen erfreut
nun verhindern wir immer mehr hiebe
ein trauriges engelsleben heut´

engel dort oben
was glaubst du warum?
was ist denn heut´ anders
oder sind wir nur dumm?

früher nahmt ihr euch mehr zeit
für die schönen dinge des lebens
seid zum genießen nicht mehr bereit
meine warnungen waren vergebens

engel dort oben
was sollen wir machen?
wie gewinnen wir wieder
geniessen und lachen?

Ihr müsst wieder finden den ruhigen blick
für die kleinen, schönen dinge im leben
dann kommt euer glück vielleicht zurück
wird ruhe und lachen euch wiedergeben...

engel dort oben
wie soll´n wir das tun?
wir können nur hetzen
ohne auszuruh´n

den weg den müsst ihr selber finden
ich kann das ziel euch nur ansagen
dürft euch nicht nur an arbeit binden
müsst wieder mehr vergnügen wagen

engel dort oben
danke für den rat
ich werde ihn gleich heute
umsetzen in die tat...

Donnerstag, 13. Dezember 2012

Trockenstoffel ( 7 )

Der Wind hatte aufgefrischt und der Ast, auf den er geflüchtet war, wankte in den Böen bedenklich. Er klammerte sich an den nassen Stamm des Baumes und blickte besorgt nach unten. 
Der Keiler war verschwunden. Sorgsam suchten seine Augen die Umgebung ab. Es schien vorbei zu sein, er konnte seinen zunehmend gefährlicheren Fluchtort wieder verlassen. 
Mit einem lauten, knackenden Geräusch brach der Ast in seinen Hand ab und er fiel rücklings auf den Boden. Schmerzhaft war der Aufprall auf der gefrorenen und harten Erde. 
Egal, er musste weiter, seinen Wagen erreichen, ehe neue Gefahren auftauchten.
Mit zitternden Händen startete er und die Räder drehten in dem Schlamm und Morast durch, ehe er davonraste. Endlich war er in Sicherheit. 

Es war ein langsames Auftauchen, wie aus einem Alptraum, der allmählich davon zieht und den Träumenden verwirrt und hilflos zurück läßt. 
Er blickte an sich herab, sah wie durch Watte einen blauen Pyjama und nackte, viel zu große Füsse. Hände, rissig und ungepflegt, mit langen Fingernägeln, lagen auf den Knien. Ihn fröstelte. 
Nur langsam kam er wieder in der Realität an, sah den großen Spiegel, die Anrichte mit den Cremes und Salben darauf.
Seine Erinnerung kam zurück, schmerzhaft wurde ihm bewusst, wie öde und sinnlos sein Leben war.
Trockenstoffel...ja, er war ein trockener, humorloser und verbitterter Mittvierziger.
Und anderer Menschen Leben zu analysieren, sie zu führen auf den rechten Weg der Tugend war zu seinem bestimmenden Lebensinhalt geworden. So brauchte er in den letzten Jahren nicht über sich nachdenken.
Er beugte sich vor den Spiegel, betrachtete die tiefen Falten in seinem zerfurchten Gesicht. Wortlos zerschlug er mit einem Flakon das Glas, sah ohne eine Regung zu, wie es zerbrach.
Er war am Ende. Doch wohnte nicht jedem Ende auch ein Anfang inne?

Mittwoch, 12. Dezember 2012

Trockenstoffel (6)

... seinen Kumpel, der ihm die ganze Scheiße eingebrockt hatte. Freundlich lächelnd saß dieser auf einem Stuhl und blickte ihn an. "Na, das war ja ne grandiose Leistung, hätte ich Dir gar nicht zugetraut, Alter. Du bist ja doch ein ganzer Kerl". Es folgte ein Lachen, laut und dreckig. 
Er richtete sich auf. ""Verschwinde", knurrte er nur, "wir sind geschiedene Leute".
Er hatte ein Tür entdeckt und steuerte zielstrebig darauf zu. Mit einem kurzen Tritt in Höhe der Klinke öffnete er sie und betrat einen langen, langgezogenen Gang. Ohne Eile ging er vorwärts. Hinter ihm war alles ruhig, eine unheimliche und beängstigende Ruhe. 
Nach einigen hundert Metern bog der Gang nach links ab und stieg allmählich an. Etwa 600 Meter weiter betrat er eine kleine Lichtung mitten im Wald. 
Er  hatte keine Ahnung, wo er war und wohin er laufen sollte. Ein altes, stark verwittertes Schild an einem Baum erregte seine Aufmerksamkeit. Es zeigte ein "P" auf blauem Untergrund und darunter einen Pfeil, der auf einen schmalen Pfad wies. 
Kurz entschlossen nahm er diesen Weg. Der Morgen zog langsam auf und Nebelschwaden waberten majestätisch durch die abziehende Dunkelheit. 
Irgendwo dort musste sein kleines Auto stehen. Er freute sich auf eine heiße Dusche und auf Ausschlafen in seinem Bett.
Plötzlich stand der Keiler vor ihm, völlig unvermittelt. Die langen Hauer sahen bedrohlich aus und das Tier bewegte sich auf ihn zu. 
Schnell kletterte er einen der Bäume nach oben und sah sich um . Der Parkplatz war nicht weit entfernt, doch der mächtige Keiler umkreiste immer noch den Baum.

Dienstag, 11. Dezember 2012

Trockenstoffel (5)

... es war zu spät für eine Flucht, trotzdem versuchte er es. Doch das Motorrad war schneller und der Geländewagen hielt ihn ständig im Scheinwerferlicht. Eine Höhle, war das seine Rettung? Er warf sich auf den Boden, rutschte in die Tiefe und schlug hart auf. 
Es war keine Höhle, eher eine kleine Vertiefung, aus der sie ihn holen würden, schneller, als er denken konnte. 
Doch es blieb alles ruhig. Kein Licht blendete ihn, keine Stimmen waren zu hören. Er atmete schwer und versuchte, seine Gedanken zu sortieren. Er wollte raus aus dieser Hölle und steckte tiefer in ihr als vorher. Was sie mit ihm machen würden, bedurfte keiner Phantasie. Quälen, Schikanieren und Verspotten bis zur letzten Sekunde, das war sein Schicksal.
Immer noch war alles um ihn herum ruhig, beängstigend ruhig. Vorsichtig bewegte er sich, spähte in alle Richtungen. Kein Licht, kein Motorengeräusch, einfach nichts. Nur die letzten Regentropfen fielen von den Ästen und der Wind pfiff um die Bäume.
Er war misstrauisch, mehr als das sogar. Sie jagen nicht, um danach nicht zu fangen, das passt nicht, sagte er sich.
Was bewegte sich unter ihm? Er sprang auf, wieder einmal zu spät. Wie von Geisterhand öffnete sich der Boden der Mulde und ließ ihn fallen, tief, immer tiefer. Seine Kehle war wie zugeschnürt, er konnte nicht schreien. 
Der Aufprall war weich. Benommen blieb er liegen. Auch hier war kein Laut zu vernehmen. Er richtete sich auf und erblickte...

Montag, 10. Dezember 2012

Trockenstoffel (4)

...es begann zu regnen. Dicke Tropfen fielen klatschend auf ihn. Der Boden unter seinen Füßen wurde zu einem Morast , in den er einsank, langsam, aber unaufhörlich. Er blickte nach oben, versuchte in der tiefdunklen Nacht etwas zu erkennen. Ein halber Meter, so schätzte er, war zu überwinden, um sich hoch zu ziehen. Die Kälte kroch in ihn, er begann zu zittern. Lange würde er hier nicht überleben. 
Mit seinen kalten Fingern löste er den Gürtel und warf ihn nach oben. Irgendwo musste er sich verfangen. 
Nach einigen Versuchen hatte er Glück. Er zog mehrfach an dem Leder und probierte verzweifelt , dem Schlamm und der Kälte zu entkommen.
Dreck, Moos und stechende Äste erntete er, als der kleine Strauch, an dem sich die Schnalle des Gürtels verfangen hatte, sich unter der Last seines Ziehens aus der Erde gelöst hatte und auf ihn fiel. 
Er fluchte laut und spuckte aus. 
Der Himmel hatte sich inzwischen geöffnet. Wie aus Schleusen ergossen sich die Wassermassen auf ihn, durchdrangen den dicken Pullover und ließen ihn vor Kälte zittern. 
Hoffnungslos hockte er in dem Erdloch und wartete auf sein Ende, als er erschrocken hochsah. Der heftige Sturm hatten einen Baum entwurzelt und einige dicke Äste hatten sich in den Morast des Erdloches gebohrt. 
Das war seine Chance, er kletterte zurück in die Freiheit. Seine Hände waren blutig und er fror erbärmlich, als er sich an einen Baumstamm lehnte. 
Wie weiter? In der Ferne sah er ein Licht und schlug den Weg in diese Richtung ein. Er fiel über entwurzelte Bäume und blieb an dornigen Sträuchern hängen.
Und immer noch peitschte ihm der Regen erbarmungslos ins Gesicht. 
Das Licht kam näher und entpuppte sich als...

Freitag, 7. Dezember 2012

Trockenstoffel (3)

Leise stand er auf, darauf bedacht, nirgendwo anzustoßen und die Anderen nicht zu wecken. Seine Unterwäsche hatte er Abends gleich anbehalten, so brauchte er nur in Jeans und Pullover zu schlüpfen und den heimlich gepackten Rucksack zu schnappen. 
Der Gang der Baracke war stockdunkel, nur mühsam gewöhnten sich seine Augen an die Finsternis. Sein Herz schlug bis zum Hals vor Aufregung. 
Behutsam schloss er die Tür der langgestreckten Wellblechbaracke hinter sich. Links war der Ausgang aus dieser Hölle, er schlich gebückt an den kahlen Büschen entlang, durch die der Wind die Eiseskälte in sein Gesicht presste.
Rechts von dem riesigen Stahltor war eine kleine Lücke, gestern hatte er sie entdeckt. Hier wollte er sich hindurchzwängen und seine Freiheit wieder genießen. 
Der Angriff kam völlig überraschend.  War es eine Decke, ein Sack oder was auch immer ihm über den Kopf geworfen wurde? Männer pressten seine Arme schmerzhaft auf den Rücken und verschnürten seine Handgelenke, dass das Seil sich tief in seine Haut schnitt. Sie packten ihn und zogen ihn von dem Tor weg. 
Ihm wurde schwarz vor Augen, hastig schnappte er nach Luft. 
Er fiel, wie tief, wohin, er konnte es nicht sagen. Langsam, wie in Zeitlupe, wurde ihm der Sack, ja, es musste einer sein, vom Kopf gezogen. Modrig roch es, nein, stank es um ihn herum. In der Dunkelheit tasteten seine von der Kälte klammen Finger seine Umgebung ab. Erde und Wurzeln,  er befand sich in einem Erdloch...

Donnerstag, 6. Dezember 2012

Trockenstoffel (2)

Jeder Knochen schmerzte ihm einzeln. Worauf hatte er sich da nur eingelassen? Er, der den Wehrdienst verweigert hatte und lieber in einem alternativen Buchladen als Zivi schwere Kisten schleppte. Immer wieder in der Ecke sitzen und schmökern, die Zeit und alles um sich herum vergessen und eintauchen in phantastische, skurille Geschichten. Mitleben, sich verbinden mit den Protagonisten, mit ihnen leiden und sich freuen.
Und nun?
Er verfluchte sich, verfluchte seinen sogenannten Kumpel, hasste die ganze Welt. " Sei einmal in Deinem Leben ein ganzer Kerl, es sind nur sechs Wochen, die gehen schneller vorbei, als Du Piep sagen kannst!". Scheiße war´s, er hatte schon so oft Piep gesagt.
Ein Camp für Männer, harter Drill, Märsche durch das dichte Unterholz mit 50 kg auf dem Rücken und dem Buschmesser in der schmerzenden Hand, um sich den Weg freizukämpfen.
Und noch zwei Wochen lagen vor ihm,  14 quälend lange Tage.
Die Pritsche war hart, kein Vergleich zu seiner schönen Matratze in seinem Appartment. Der Typ über ihm schnarchte entsetzlich. Und bestimmt würde der muskulöse und tätowierte Drillmeister bald wieder mit der Pfeife zwischen seinem Vollbart auftauchen und sie in die Kälte und Dunkelheit scheuchen. "Bewegt Euch, Ihr lahmen Säcke, mal hopp, hopp!"
Er war eben keiner dieser Männer, sondern ein Lackaffe, ein Versager, ein Schwächling. Nie wurde ihm dies so deutlich wie hier, zwischen all den Ex-Soldaten, die sichtlich Spaß dabei empfanden, ihn zu quälen und zu schikanieren, aber bestimmt noch nie Dostojewski gelesen hatten. 
Er hatte innerlich abgeschlossen mit dieser Horde harter Männer ohne Gefühle. Er wollte gehen, wer sollte ihn noch halten. War er nicht freiwillig hier?